Kategorien
Berliner Abendblätter 2.00

berliner abendblätter 2.00 am 30.1.

30.1.
+
Als Gott die Paare geschaffen hatte, stellte er fest, dass jeweils der eine dem anderen Untertan ward. Da redete er dem Weibe ein, es sei stütz- und orientierungsbedürftig, und so kam es, dass die meisten bleibenden Paarbeziehungen aus Mann und Frau bestanden. Gegen gleichgeschlechtlich Liebenden herrschte bis in die jüngste Vergangenheit und in manchen Weltgegenden bis heute Drückung. Es ergab sich, dass die Hälfte der Betroffenen unter den Verhältnissen einknickten und zu brechen begannen. Sie bildeten Krankheiten aus auf Grund der Tatsache, dass ihre Identität von der Mehrheit als Krankheit angesehen wurde. Der natürliche Altruismus der Menschen brachte es mit sich, dass die andere, stabilere Hälfte der Betroffenen sich um Menschen der anderen Hälfte kümmerte. Es entstanden Paarbeziehungen. Die Obrigkeit erkannte, dass sie sich ins eigene Fleisch schneiden würde, wenn sie die entstandenen Subsistenzverhältnisse zerschlüge. Sie begann in modernen Gesellschaften, entsprechende Paarbeziehungen zu legalisieren.
+
Politik kommt von Polizei und der Anfang der Politik ist immer ein Gespräch mit Polizisten. Die sind geschult und befehlsorientiert. Bei jeder Gelegenheit sollte man Polizisten darüber befragen, was sie vom Befehle Verweigern halten. Nämlich ob sie sich vorstellen könnten, dass Ungehorsam für sie akut werden könnte. Unter welchen Bedingungen das passieren würde. Man muss das allerdings erlebt haben, einen Vorgesetzten unter Einfluss von Stressfaktoren, dessen Befehle nicht mehr für ernst genommen werden können. Es kommt wahrscheinlich nicht so häufig vor. Ein solches Erlebnis kann allerdings traumatisierend wirken und zum Generalverdacht gegenüber allen Kommandos verleiten.
Wie heikel das Thema ist, bekommen wir immer nur am Rande mit, nämlich am Rande von Auseinandersetzungen zwischen Bürgerwillen und Exekutivgewalt. Wir sind dort nicht ständig. Wie wir auch nicht dabei sind, wenn bundesdeutsche Polizisten in anderen Ländern Menschen zu Polizisten im bundesdeutschen Sinne schulen. Es ist eine vornehme Aufgabe, Andere instand zu setzen, den Polizistenberuf demokratiefördernd ausüben zu können. Kluge Köpfe haben deswegen zwischen militärischen Auslandseinätzen und Schulungsmaßnahmen durch Polizeikräfte immer den Unterschied gesehen und nicht beides vermischt in einen Topf geworfen.
Werde ich als Ureinwohner von einem ausländischen Militär gemaßregelt, bin ich Besatzungsverhalten unterworfen. Geschieht es durch ein einheimisches Auge des Gesetzes, befinde ich mich mehr in Höhe desselben.
Es scheint in der Tat so zu sein, dass in vielen Ländern Polizisten wegelagernden Zöllnern ähneln. Es ziert jedoch vielmehr einen Vertreter der Berufssparte, wenn er die Rolle des Grenzen setzenden Rechtsinterpreten gegenüber dem Bürger einnehmen kann. Je mehr der Polizist seine Sattelfestigkeit unter Beweis stellt, was rechtsstaatliche Prinzipien betrifft, um so mehr wird sein an den Tag gelegter Gehorsam gegenüber ihm gegebenen Befehlen überzeugen.
+
Am vergangenen Wochenende erlebte Berlin wieder eine Trekker-Demo anlässlich der Grünen Woche. 22.000 Menschen war ihr Essen so wichtig, dass sie den Tag zum Flaggezeigen opferten. Unter Motti wie „Bauer bleiben, nicht Knecht der Agrarindustrie“ oder „Wir haben Tierfabriken satt“ kam es zum denkwürdigen Schulterschluss von Produzenten und Verbrauchern im Regierungsviertel. Was dabei untergegangen und offensichtlich leider ein Grund für recht geringes Medienfeedback ist: Politiker waren als Cover für das Thema nicht erwünscht und haben nicht Zug und Kundgebung mitgestalten dürfen. Es wurde ein außerparlamentarisches Süppchen gekocht und das bekommt jeder Demonstration gut.
+
Berliner Polizeibericht
+
Straßenraub
Friedrichshain-Kreuzberg, 28.1.
Unverletzt blieb ein 21-Jähriger gestern Abend bei einem Straßenraub in Friedrichshain. Drei Unbekannte hatten den Mann gegen 19 Uhr 45 im Markgrafendamm angesprochen und nach der Uhrzeit gefragt. Plötzlich schubste ihn einer, während ein maskierter Komplize das Opfer mit einer Pistole bedrohte. Nachdem die Räuber das geforderte Handy und die Sporttasche des Überfallenen erhalten hatten, flüchteten sie in Richtung Modersohnstraße. Alarmierte Polizisten nahmen wenig später drei Jugendliche im Alter von 17, 18 und 19 Jahren in unmittelbarer Tatortnähe fest, die aber mangels Beweise wieder entlassen wurden. Die Kriminalpolizei ermittelt.
+
„Es ist eine Petitesse, eigentlich. Ein Zwischenruf von Renate Künast, die weit hinten im Bundestag sitzt. Doch Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg ist gereizt. Vier Stunden hat er an diesem nasskalten Tag im Verteidigungsausschuss gesessen. Hat sich bei Kaffee und Mineralwasser unangenehme Fragen gefallen lassen müssen von Abgeordneten, die Wert darauf legen, von seinem Ministerium informiert zu werden statt von der Bild-Zeitung. Die ihm jetzt penibel Versäumnisse nachweisen wollen. Ihm, dem Minister, der doch das große Ganze im Blick behalten muss, der „Verantwortung für 350.000 Männer und Frauen“ der Bundeswehr trägt, wie er sagt.
„Frau Künast“, sagt er zunächst und es klingt schon ein bisschen gönnerhaft. „Vielleicht kommen Sie nach vorn und reden ein bisschen leiser.“ Guttenberg könnte es bei diesem kleinen Rüffel belassen und die Lacher in den Koalitionsreihen für sich verbuchen. Doch er muss Dampf ablassen. Als die grüne Fraktionschefin abermals etwas ruft, wird der 39-Jährige scharf: „Vielleicht sollte man seine Stimme angesichts einer toten Offiziersanwärterin ein wenig zügeln.“ Uff, Künast ist also pietätlos. Dabei hatte sie lediglich gerufen, der Minister solle eben jene Vorgänge auf der Gorch Fock, die zum Tod der Frau geführt haben, genau prüfen. Wer sollte sich ein wenig zügeln?“ FR
+
Letztes Wort
+
„Ne pleure pas. J’ai besoin de tout mon courage pour mourir à vingt ans.“ („Weine nicht. Ich benötige all meinen Mut, um mit zwanzig Jahren zu sterben.“) [zu seinem Bruder Alfred, „Als Republikaner war Galois vom Ausgang der Julirevolution enttäuscht und exponierte sich politisch zunehmend; er wurde von seiner Hochschule verwiesen und zweimal verhaftet. Der ersten Verhaftung wegen eines bei einem Bankett mit dem blanken Messer in der Hand ausgebrachten Trinkspruchs auf den neuen König Louis Philippe folgte am 15. Juni 1831 ein Freispruch. Nur einen Monat später nahm Galois in der Uniform der wegen politischer Unzuverlässigkeit inzwischen aufgelösten Artillerie-Garde und schwer bewaffnet an einer Demonstration zum 14. Juli teil, wurde erneut verhaftet und nach dreimonatiger Untersuchungshaft zu sechs Monaten Haft im Gefängnis Sainte-Pélagie verurteilt. Im März 1832 wurde er wegen einer Cholera-Epidemie mit anderen Häftlingen ins Sanatorium Sieur Faultrier verlegt. Am 29. April wurde er aus der Haft entlassen.
Am Morgen des 30. Mai 1832 erlitt Galois bei einem Pistolenduell in der Nähe des Sieur Faultrier einen Bauchdurchschuss, wurde von seinem Gegner und seinem eigenen Sekundanten allein zurückgelassen, Stunden später von einem Bauern aufgefunden und in ein Krankenhaus gebracht, wo er Tags darauf „in den Armen“ seines Bruders Alfred starb. Der Duellgegner war ein republikanischer Gesinnungsgenosse, Perschin d´Herbinville, und nicht, wie gelegentlich vorgebracht (Leopold Infeld „Wen die Götter lieben“), ein agent provocateur der Regierung. Der Anlass für das Duell war ein Mädchen, Stéphanie-Félicie Poterine du Motel, die Tochter eines am Sieur Faultrier tätigen Arztes. Mit ihr tauschte Galois nach seiner Entlassung aus dem Sanatorium Briefe aus und ihr Name findet sich auf seinem letzten Manuskript, sie scheint sich aber von ihm distanziert zu haben.“ Aus dem wikipedia-Artikel zu Galois
Évariste Galois, französischer Mathematiker, 1832